Die Geburtsstunde elektronischer Mail (E-Mail) liegt in den frühen sechziger Jahren. Die Mailbox war eine Datei im Home-Verzeichnis des Benutzers, das nur vom Benutzer gelesen werden konnte. Anfängliche Mail-Applikationen hängten neue Text-Nachrichten an das Ende dieser Datei an, und der Benutzer musste sich durch diese ständig wachsende Datei wühlen, um die entsprechende Nachricht zu finden. Dieses System war lediglich dazu in der Lage Nachrichten an Benutzer auf dem selben System zu senden.
Das erste Mal, dass eine elektronische Mail über ein Netzwerk gesendet wurde, war in 1971. Der Computer-Engineer Ray Tomlinson sendete eine Test-Nachricht zwischen zwei Rechnern mittles ARPANET — der Vorgänger des Internet. Kommunikation über E-Mail bekam bald darauf sehr populär, und stellte innerhalb von zwei Jahren 75 Prozent des Netzwerkverkehrs auf dem ARPANET dar.
Heutzutage haben sich die auf standardisierten Netzwerkprotokollen basierenden E-Mail-Systeme zu den am meisten verwendeten Services im Internet entwickelt. Red Hat Linux bietet zahlreiche fortgeschrittene E-Mail-Applikationen.
In diesem Kapitel werden bekannte, gegenwärtig verwendete E-Mail-Protokolle und einige Programme, die mit E-Mail im Zusammenhang stehen, beschrieben.
E-Mail wird heutzutage über eine Client/Server Architektur verteilt. Eine elektronische Mail wird mit einem Client-Programm erzeugt. Dieses Programm sendet die E-Mail an einen Server, welcher diese dann an den E-Mail-Server des Empfängers weiterleitet. Dort wird die E-Mail dann vom E-Mail-Server dem E-Mail-Client des Empfängers übergeben.
Um diesen Vorgang zu ermöglichen, erlaubt eine Reihe von Standardnetzwerkprotokollen verschiedenen Rechnern, welche oft verschiedene Betriebssysteme ausführen und verschiedene E-Mail-Programme verwenden, E-Mails zu senden und zu empfangen.
Die folgende Protokolle werden am häufigsten für das Versenden von E-Mails zwischen unterschiedlichen Systemen verwendet.
Die Zustellung von E-Mails von einer Client-Applikation zu einem Server, und von einem ausgehenden Server zu einem Ziel-Server wird über das Simple Mail Transfer Protocol (SMTP) gehandhabt.
SMTP wird hauptsächlich zum Übertragen von E-Mails zwischen Servern verwendet, ist jedoch auch für E-Mail-Clients wichtig. Um E-Mails senden zu können, muss der Client die Nachricht an einen ausgehenden Mail-Server senden, welcher dann eine Verbindung mit dem Ziel-Server herstellt, um die E-Mail zu übertragen. Aus diesem Grund ist es wichtig, einen SMTP Server beim Konfigurieren des E-Mail-Clients anzugeben.
Unter Red Hat Linux kann ein Benutzer einen SMTP Server auf dem lokalen Rechner konfigurieren, um eingehende E-Mails zu handhaben. Es ist jedoch auch möglich, einen Remote SMTP Server für ausgehende E-Mails zu konfigurieren.
Ein wichtiger Punkt im Bezug zum SMTP Protokoll ist der, dass es keine Authentifizierung benötigt. Dies erlaubt es jedem im Internet, E-Mails zu jedem Anderen und sogar zu größeren Gruppen zu senden. Es ist diese Eigenschaft von SMTP, die Junk-E-Mail, oder spam, möglich macht. Moderne SMTP Server versuchen dies einzuschränken, indem Sie nur bekannten Hosts den Zugriff gewähren. Server, die solche Einschränkungen nicht durchsetzen, werden Open Relay Server genannt.
Red Hat Linux benutzt Sendmail (/usr/sbin/sendmail) als standardmäßiges SMTP-Programm. Postfix (/usr/sbin/postfix), eine einfacher zu verwendende Applikation steht jedoch ebenfalls zur Verfügung.
Es gibt zwei grundlegende Protokolle, die von E-Mail Client Applikationen verwendet werden, um E-Mails von einem Mail-Server abzurufen: das Post Office Protocol (POP) und das Internet Message Access Protocol (IMAP).
Im Unterschied zu SMTP erfordern beide dieser Protokolle, dass die verbindenden Clients sich mit einem Benutzernamen und Passwort authentifizieren müssen. Standardmäßig werden die Passwörter für beide Protokolle unverschlüsselt über das Netzwerk gesandt.
Der standardmäßige POP Server in Red Hat Linux ist /usr/sbin/ipop3d und wird mit dem imap-Paket installiert. Das Verwenden eines POP Servers erlaubt E-Mail-Clients, E-Mails von einem Remote-Server herunterzuladen. Die meisten POP E-Mail-Clients sind automatisch so konfiguriert, dass sie Mitteilungen auf dem E-Mail-Server löschen, wenn sie erfolgreich an das Client-System übermittelt wurden. Dies kann normalerweise jedoch anders eingestellt werden.
POP ist vollständig kompatibel mit wichtigen Internet Messaging Standards, wie Multipurpose Internet Mail Extensions (MIME), welche es erlauben, Dateien an eine E-Mail anzuhängen.
POP ist am besten geeignet für Benutzer, die nur über ein einziges System verfügen, auf dem sie ihre E-Mails lesen. POP ist ebenfalls eine gute Lösung, wenn Sie keine ständige Verbindung zum Internet oder Ihrem Mail-Server haben. Da POP von Client-Programmen fordert, dass diese nach der Authentifizierung den gesamten Inhalt einer Nachricht herunterladen, kann dies für diejenigen mit einer langsamen Netzwerkverbindung eine lange Zeit in Anspruch nehmen, insbesondere, wenn große Dateien an E-Mails angehängt sind.
Die neueste Variante des Standard POP Protokolls ist POP3.
Es gibt jedoch auch eine Anzahl weniger häufig verwendeter POP Protokoll Varianten:
APOP — POP3 mit MDS-Authentifizierung, wobei ein Hashcode Ihres Passworts, und nicht der unverschlüsselte Passworttext, vom E-Mail-Client zum Server übermittelt wird.
KPOP — POP3 mit Kerberos-Authentifizierung. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter Kapitel 17.
RPOP — POP3 mit RPOP-Authentifizierung. Verwendet für jeden Benutzer eine Identifizierung, ähnlich der eines Passworts, um Anfragen von POP zu authentifizieren. Diese ID ist jedoch nicht verschlüsselt, so dass RPOP nicht sicherer als das Standard-POP ist.
Für zusätzliche Sicherheit ist es möglich, Secure Socket Layer (SSL) Verschlüsselung für die Client-Authentifizierung und den Datentransfer zu verwenden. Dies kann durch den ipop3s Service oder das /usr/sbin/stunnel Programm aktiviert werden. Sehen Sie Abschnitt 11.5.1 für weitere Informationen.
Der standardmäßige IMAP Server in Red Hat Linux ist /usr/sbin/imapd und wird mit dem imap-Paket installiert. Bei der Verwendung von IMAP verbleiben die E-Mail-Nachrichten auf dem Server, wo der Benutzer diese lesen oder löschen kann. IMAP erlaubt den Client-Applikationen auch Mailboxen zur Speicherung der E-Mails auf dem Server zu erstellen, umzunennen oder zu löschen.
IMAP ist vor allem für Benutzer nützlich, die ihre E-Mails von verschiedenen Rechnern aus abrufen. Auch Benutzer, die nur mit geringer Übertragungsrate Verbindungen zum Internet oder zu einem privaten Netzwerk herstellen können, verwenden oft IMAP, da hier als erstes nur der E-Mail Header angezeigt wird, was Bandbreite spart, bis die eigentlichen E-Mails geöffnet werden. Der Benutzer hat auch die Möglichkeit E-Mails zu löschen, ohne sich deren Inhalt anzusehen oder diese herunterzuladen.
Zur Vereinfachung können IMAP Client-Applikationen Inhalte von E-Mails lokal zwischenspeichern, damit es einem Benutzer möglich ist, E-Mails zu lesen ohne mit dem IMAP Server verbunden sein zu müssen.
IMAP, wie auch POP, ist vollständig kompatibel mit den wichtigen Internet Messaging Standards, wie MIME, was das Anhängen von Dateien an E-Mails erlaubt.
Für zusätzliche Sicherheit ist es möglich SSL für die Client-Authentifizierung und den Datentransfer zu verwenden. Dies kann durch den imaps Service oder das /usr/sbin/stunnel Programm aktiviert werden. Sehen Sie Abschnitt 11.5.1 für weitere Informationen.
Es gibt andere freie und auch kommerzielle IMAP-Clients und Server, die das IMAP-Protokoll erweitern und über zusätzliche Funktionen verfügen. Eine vollständige Liste finden Sie unter http://www.imap.org/products/longlist.htm.
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